Kürzlich war ich oberhalb der Brücke am Eis unterwegs. Es war einer dieser Tage, an denen eines der Rennen der HolländerInnen stattfand. Ich war noch nicht weit geschlittert, als ein kleines Wesen meine Aufmerksamkeit erregte: Ein Maulwurf hatte sich aufs Eis verirrt und versuchte so eifrig wie vergeblich, ein Loch ins Eis zu graben. Der Maulwurf: Er wird ja auf „gut“ Kärntnerisch „Wultschger“ genannt.
Es ist eines von vielen Worten, die ich als Mundart gelernt habe und von denen ich vermute, dass sie slowenischen Ursprungs sind. Zwar konnte das eine Freundin von mir, die aus einer kärntner-slowenischen Familie ist, nicht direkt bestätigen. Ihre Vermutung aber halte ich für ausgesprochen passend: sie meinte, der Mundartbegriff könnte von „i wult“, dem „eifrigen Willen“ kommen. Eifrig war der kleine Wicht in der Tat, nur dass das Eis sogar für seinen Eifer zu hart war. Wir beförderten ihn also an Land, auf dass sein Eifer Früchte tragen möge.
Was eine kleine Anekdote sein sollte, wurde leider angesichts der aktuellen politischen Ereignisse in Kärnten zu einem Symbol. Ein wahrlich überfälliger Satz hätte in die neue Kärntner Landesverfassung (endlich!) aufgenommen werden sollen: „Die Fürsorge des Landes und der Gemeinden gilt den deutsch- und slowenischsprachigen Landsleuten gleichermaßen.“ Das war anscheinend zu viel für die Kärntner ÖVP, und schon gar für deren Obmann. Letztlich offenbahrte sich in seiner Positionierung ein wahrlich seltsamer Politik-Zugang: Er schob Menschen vor, die das nicht verstehen verstehen würden, weshalb auch er auf einmal dagegen sein müsse – obwohl er noch kurz davor dafür war.
Daran ärgern mich mehrere Dinge wirkich maßlos:
Erstens ist Deutsch (oder was in Kärnten halt als Deutsch angesehen wird…) ohnehin die Mehrheitssprache. Slowenisch spricht (leider!) nur noch eine verschwindend kleine Minderheit – und doch sollen sich deutschsprachige KärntnerInnen immer noch in ihrer Existenz bedroht fühlen? Hey, Ihr habt den Machtkampf ohnehin schon gewonnen, hört bitte endlich auf, Euch als Opfer zu gerieren. Ex-Yugoslawien ist auch schon vor ein paar Järchen untergegangen und Slowenien macht nun wahrlich keine Anstalten, Territorien in Kärntern zurückzuerobern. Außerdem sind wir in der EU, verflixt und zugenäht! Vor allem: obwohl die Kultur der Kärntner SlowenInnen inzwischen unterzugehen droht, fühlt Ihr Euch immer noch davon bedroht?
Zweitens bzw. vor allem ist die Kärntner Mundart voll von slowenischen Worten: tschodrat sind die Haare in der derzeitigen Jahreszeit meistens, wenn man eine Haube abnimmt – urdeutsch ist dieses Wort ganz sicher nicht! Eindeutiger ist es bei der Tschoje, die auf Slowenisch Šoja heißt. Auch tschentschen ist so kärntnerisch wie zwiln (wie ein Schwein) – für beides lassen sich Entsprechungen im Slowenischen finden.
Es gibt so viele Worte in der Kärntner Mundart, in Namen oder Flurnamen, die eindeutig Slowenisch klingen, so dass es geradezu absurd ist, das Slowenische nicht als Teil Kärntens anzusehen, ganz zu schweigen von den Kärntner SlowenInnen. Btw wer sich mit der Kärntner Geschichte beschäftigt, weiß, dass das Bavarische erst nach dem Slawischen nach Kärnten kam.
Ich jedenfalls finde es immer wieder spannend, wenn ich diese slowenische Vergangenheit in den vielen Mundart-Worten zurückzuvollziehen lerne. Letzthin sagte mir eine Kärnter Bekannte, dass sie lange nicht wusste, wie sich die Tschoje denn nun schreibt – um herauszufinden, dass es sich um den Eichelhäher handelt. So viel zum „einsprachigen“, deutschen Gebiet Kärnten…: dieses ist nicht mehr und nicht weniger als ein Mythos!
Bitte können wir (Deutschsprachigen) uns also endlich darauf einigen, dass Slowenisch Teil unseres Erbes ist, es uns von daher wahrlich nicht bedroht, sondern vielmehr lebendiger Teil unserer Sprache und unseres Lebens ist!
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